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„Junge, halt die Klappe und schäl‘ die Kartoffeln fertig“
Meine Großmutter gab mir ein Messer, kein Schälmesser, sondern das Buttermesser und ließ mich einmal die Woche drei Kilogramm Kartoffeln schälen.
„Vergiss die Augen nicht rauszuschneiden, Junge!“
Ihre Augen waren fast blind, deshalb musste ich ihr jahrelang die Kartoffeln schälen.
„Für die Kartoffelsuppe, Bratkartoffeln mit Gehacktem – das reicht mir für die Woche.“
Sie lud mich nie zum Essen ein, sie gab mir nie Taschengeld, sie zupfte nur an ihren Barthaaren am Kinn wenn ich kam und schwieg wenn ich etwas über meinen Großvater erfahren wollte.
Ich durfte „Das neue Blatt“ lesen und bekam Birnensaft, der mir nicht schmeckte. Die Augen schnitt ich nie aus den Kartoffeln heraus. Bei der Beerdigung warf ich eine Kartoffelschale auf ihr Grab.