Das erste Mal war es ein Versehen.
Nichts war anders als sonst, gegen sechs das erste Gewisper und Gepolter im Flur, Klirren von Flaschen, Geschirr; Husten und Räuspern. Der Gang zur Toilette, mein Spiegelbild über dem Waschbecken, ein Anblick, der mich jedes Mal erschreckt, denn dieses Gesicht ist alt, so alt. Wenn ich mein Gebiss eingesetzt habe, wird es besser, die tiefen Kerben in der Oberlippe glätten sich und ich muß mir nicht mehr vorstellen, daß eines Tages mein ganzes Gesicht durch diese eingefallene Höhlung gesogen wird und am Ende nur noch aus stramm gespannter Haut mit einem Schlitz darin besteht. Ohne Augen, Nase und was noch dazugehört. Nichts sehen, nichts riechen, die Ohren als einzige Verbindung zur Außenwelt. Und wenn das, was ich höre, mir nicht passte, dann risse ich diesen Schlitz weit auf, das ganze alte Gesicht fiele schlapp und zerknittert heraus und würde die Leute zu Tode erschrecken. Hu! Boshaft streckte ich meinem Spiegelbild die Zunge heraus, setzte das Gebiss ein, duschte, kämmte mich, zog mich an und machte mich auf den Weg in den Esssaal.

Dort saßen sie schon. Sie sitzen immer schon da, lange vor der Zeit. Gierig auf das erste Ereignis des Tages. Kümmerlich genug, dieses Ereignis, staubtrockene Brötchen, als seien sie aus Paniermehlkrümeln zusammengesetzt, Brotscheiben und die grauen Wurstscheiben krümmen sich verzweifelt deiner Hand entgegen, als wollten sie sagen: nimm mich, bitte nimm mich, laß mich hier nicht so liegen! Sie können sicher sein, denn wir haben alle Hunger, immer, nie ist es genug. Wir sitzen mit lauernden Gabeln, noch kauend und schon bereit zur Erbeutung des nächsten Happens. Wir wären sogar bereit, unsere Tischnachbarn in die Finger zu stechen, wenn sie sie nicht schnell genug wegziehen. Jeder achtet darauf, die Kaffeekanne nicht aus den Augen zu lassen, niemand soll mehr bekommen, als ihm zusteht. Ich ziehe meistens den Kürzeren. Ich bin einfach zu schüchtern. Ich möchte es mir mit niemandem verderben. Ich habe Angst vor Frau Moser, die über unseren Vierertisch herrscht.